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Autofahren im Alter – Was gilt es zu beachten? 

Alltagsbewältigung und Lebensqualität, Pflege

Demografischer Wandel und Mobilität 

Die Österreicher:innen werden im Schnitt immer älter. Das lässt sich an der demografischen Entwicklung in Österreich feststellen, denn sie zeigt eine deutliche Zunahme der älteren Bevölkerungsgruppe. Laut dem Sozialministerium wird allein der Anteil der über 80-Jährigen von derzeitigen 5 Prozent bis 2040 auf rund 8 bis 10 Prozent steigen [1].  

Solche Zahlen haben eine direkte Auswirkung auf den zukünftigen Straßenverkehr: Mehr ältere Menschen bedeuten auch mehr ältere Autofahrer:innen.  

Erhaltung der Selbstständigkeit im Alter 

Für viele bedeutet Autofahren nicht nur Mobilität, sondern es ist eng verknüpft mit einem Gefühl der Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Ein Auto zur Verfügung zu haben bedeutet, sozial aktiv zu bleiben, Arzttermine selbstständig wahrzunehmen oder Einkäufe zu erledigen. Es gibt Fahrer:innen die Freiheit, den Tagesablauf nach eigenen Wünschen zu gestalten, ohne auf Hilfe von anderen angewiesen zu sein.  

Eines steht damit fest: Mobilität im Alter ist nicht nur eine Frage der Bequemlichkeit, sondern auch der Lebensqualität. Die Möglichkeit, jederzeit auf ein Auto zurückgreifen zu können, tut dem eigenem Unabhängigkeitsgefühl gut und vermindert die Gefahr in Isolation zu versinken. Allerdings bringt dieses Bedürfnis nach Unabhängigkeit auch Verantwortung mit sich und mit dem Alter gehen sowohl physische als auch kognitive Veränderungen einher, die die Fahrfähigkeiten beeinflussen können.  

Mit diesem Artikel möchten wir die wichtigsten Punkte rund um das Autofahren im Alter  beleuchten und uns ansehen, was es dabei zu beachten gilt. Dafür gehen wir auf körperliche und geistige Herausforderungen, medizinische Aspekte, rechtliche Regelungen, technologische Hilfsmitteln und Alternativen zum Autofahren ein.  

Physische Veränderungen im Alter  

Das Klimaministeriums gibt in seinem Bericht zur Verkehrsstrategie 2021-2023 an: „Ältere Pkw-Lenkende verursachen überproportional oft Pkw-Unfälle. Die meisten der tödlichen Unfälle (92 Prozent, 2015–2019), an denen über 84-jährige Pkw-Lenkende beteiligt waren, wurden auch von ihnen verursacht.“ [2]  

Natürlich verursachen damit nicht nur Senior:innen Autounfälle. Allerdings steigt mit dem Alter das Risiko von Veränderungen, die Sie beim Autofahren einschränken können und diese sollten nicht unterschätzt werden. Im Folgenden möchten wir somit näher darauf eingehen, worauf Sie achten können, um Ihre eigene Fahrtüchtigkeit oder die Ihrer Angehörigen besser einzuschätzen. 

Sehvermögen und Nachtfahren 

Mit zunehmendem Alter treten häufig Veränderungen im Sehvermögen auf. Einzelne Herausforderungen sind beispielsweise das Nachlassen der Sehschärfe, eine erhöhte Blendempfindlichkeit und Schwierigkeiten beim Erkennen von Kontrasten. Besonders das Fahren in der Dunkelheit kann zur Herausforderung werden, da ältere Menschen oft länger benötigen, um sich an wechselnde Lichtverhältnisse anzupassen. Es empfiehlt sich, regelmäßige Augenuntersuchungen wahrzunehmen und bei Bedarf die Sehhilfe anzupassen. Sollten Sie sich unsicher fühlen, bei gewissen Tageszeiten oder Wetterbedingungen zu fahren, macht es zudem durchaus Sinn einen Termin nach passenden Fahrverhältnissen einzuplanen. 

Hören und Straßengeräusche 

Auch das Gehör spielt eine entscheidende Rolle beim Fahren. Es hilft, herannahende Fahrzeuge, Hupsignale oder Sirenen rechtzeitig zu erkennen. Im Alter kann das Hörvermögen jedoch nachlassen, wodurch wichtige akustische Signale überhört werden könnten. Sollten Sie feststellen, dass Sie oder Ihre Angehörigen Gesprächen oder Geräuschen nicht mehr so gut folgen können, sollten Sie einen Hörtest in Erwägung ziehen. Moderne Hörgeräte können Ihr Leben dabei nicht nur beim Autofahren erleichtern, sondern ermöglichen Ihnen eine generelle Erleichterung Ihres Alltages und in der Kommunikation mit Ihrem Umfeld.  

Motorik und Reaktionsgeschwindigkeit 

Zudem können die motorischen Fähigkeiten und die Reaktionsgeschwindigkeit abnehmen. Dies betrifft sowohl die Grob- als auch die Feinmotorik. Das schnelle Lenken oder Bremsen in Notfällen kann dadurch nur mehr erschwert oder verlangsamt stattfinden. In solchen Fällen ist es wichtig, die eigenen körperlichen Grenzen zu kennen und ehrlich einzugestehen. Regelmäßige Gesundheitschecks können Ihnen dabei helfen eine realistische Einschätzung zu gewinnen. 

Kognitive Veränderungen und deren Auswirkungen auf das Fahren 

Konzentration und Multitasking 

Während das Autofahren oft automatisiert erscheint, erfordert es tatsächlich eine hohe Konzentrationsfähigkeit, insbesondere in dichtem Verkehr oder bei hohen Geschwindigkeiten. Allerdings kann die Fähigkeit, sich auf mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren (Multitasking), nachlassen. Dies kann dazu führen, dass es schwieriger wird, auf plötzliche Veränderungen im Straßenverkehr zu reagieren.  

Orientierung und räumliches Denken 

Zudem ist ein klares räumliches Denken entscheidend, um Entfernungen und Geschwindigkeiten überhaupt richtig einzuschätzen. Weiters ist die Orientierungsfähigkeit wesentlich, um den Überblick über die Umgebung und den geplanten Weg zu behalten. Manche Senior:innen bemerken allerdings mit der Zeit Schwierigkeiten in diesen Bereichen, was zu einem unsicheren Fahrstil führt und die Fahrsicherheit beeinträchtigen kann. In diesem Fall können Navigationsgeräte leicht Abhilfe verschaffen, vorausgesetzt natürlich Sie fühlen sich sicher mit deren Handhabung. 

 

 

Entscheidungsfindung im Verkehr 

Im alltäglichen Straßenverkehr müssen Entscheidungen oft blitzschnell getroffen werden. Egal ob es darum geht, sich ungeplant auf einer Abbiegespur einzureihen oder angemessen auf eine plötzliche Rotschaltung der Ampel zu reagieren. Das korrekte Einschätzen von Situationen und das zeitgerechte Treffen von Entscheidungen kann im Alter länger dauern. Sollte sich daraus ein Fahrverhalten entwickeln, das für andere Verkehrsteilnehmer:innen schwer einzuschätzen ist, kann es zu riskantenVerkehrssituationen kommen.  

Medikamente und ihre Einflüsse auf die Fahrtüchtigkeit 

Wechselwirkungen und Nebenwirkungen 

Viele Menschen nehmen im Alter täglich Medikamente. Egal ob Blutdrucksenker, Schmerzmittel oder Antidepressiva – all diese Medikamente können Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, eine verlangsamte Reaktionsgeschwindigkeit oder Koordinationsschwierigkeiten mit sich bringen. Da sich mit fortschreitendem Alter zudem der Stoffwechsel verändert, können diese Nebenwirkungen sogar stärker ausfallen. Hinzu kommen mögliche Wechselwirkungen bei der Einnahme mehrerer Medikamente, die ihre Wirkung gegenseitig beeinflussen können. 

Es ist daher notwendig, dass Sie regelmäßig mit ihrem:ihrer Ärzt:in oder Apotheker:in über ihre Medikamente und deren Kombination sprechen. Bei Medikamentenwechseln oder Dosisanpassungen sollten immer auch die Nebenwirkungen oder Möglichkeiten einer eingeschränkten Fahrtüchtigkeit in Betracht gezogen werden. So entstehen keine unerwarteten Überraschungen bezüglich Ihres körperlichen Wohlbefindens und Sie können sich gut auf mögliche Veränderungen einstellen. 

Rechtliche Aspekte des Autofahrens im Alter in Österreich 

Kontrolle und Gültigkeit des Führerscheins in Österreich 

In Österreich gibt es keine gesetzlich festgelegte Altersgrenze, ab der das Autofahren verboten wäre. Jeder, der im Besitz eines gültigen Führerscheins ist, darf grundsätzlich auch Auto fahren.  

Führerscheinüberprüfung und Auffrischungskurse 

Obwohl es keine festen Regelungen für regelmäßige medizinische Checks oder Sehtests nach einem bestimmten Alter gibt, ist es für Senior:innen möglich und empfohlen, freiwillige Auffrischungskurse zu besuchen. Angeboten werden diese häufig von Fahrschulen und Verkehrsclubs und sind speziell darauf ausgerichtet älteren Menschen dabei zu helfen, ihre Unsicherheiten abzuklären, ihre Fähigkeiten zu überprüfen und diese gegebenenfalls zu verbessern. 

Natürlich liegt es im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit, dass sich jeder Fahrer, vollkommen unabhängig vom Alter, regelmäßig über seine Fahrtüchtigkeit Gewissheit verschafft. Insbesondere im Alter kann es jedoch sinnvoll sein, sich selbst, die eigenen Fähigkeiten und die Auswirkungen von Medikamenten oder Krankheiten kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls Experten:innenrat einzuholen. 

Moderne Fahrassistenzsysteme und ihre Vorteile 

In den letzten Jahren hat die technologische Entwicklung auch vor der Automobilbranche nicht Halt gemacht. Insbesondere für Senior:innen bieten moderne Fahrassistenzsysteme viele Vorteile, die das Fahren sicherer und komfortabler gestalten. Einparkhilfen, Abstandshalter, Spurhalteassistenten oder Notbremsassistenten sind nur einige Beispiele. Diese Systeme können besonders in Situationen, in denen die Reaktion vielleicht nicht mehr so flink ist, unterstützen und so dazu beitragen, Ihr Sicherheitsgefühl zu steigern und Unfälle zu vermeiden. 

Richtiges Verständnis und Nutzung der Systeme 

Während diese Technologien zweifellos Vorteile bieten, können sie leider auch zu einer Quelle der Verwirrung werden, wenn sie nicht richtig verstanden oder genutzt werden. Sollten Sie sich somit dafür entscheiden ein Assistenzsystem zu verwenden, stellen Sie sicher, dass Sie eine gründliche Einweisung in die verschiedenen Funktionen erhalten. Ein ungenaues Verständnis darüber, wie Ihr Assistenzsystem in der Praxis funktioniert, kann zu Fehlreaktionen führen und im schlimmsten Fall sogar gefährliche Situationen verursachen. 

Zudem ist es wichtig sich bewusst zu machen, dass diese Systeme als Unterstützung konzipiert sind, nicht als Ersatz für aufmerksames Fahren. Fahrassistenzsysteme können somit ein wertvolles Werkzeug darstellen, allerdings nur mit dem richtigen Verständnis und einer verantwortungsvollen Nutzung. Trifft dies zu, können sie aber durchaus zu einem angenehmeren und sichereren Fahrgefühl beitragen. 

Tipps und Tricks für sicheres Autofahren im Alter 

Anpassungen im Fahrstil 

Mit auftretenden Veränderungen im Alter, ist es sinnvoll den eigenen Fahrstil gegebenenfalls zu überdenken und anzupassen. Zwar ist es generell ratsam einem risikofreudigen Fahrstil direkt abzusagen, allerdings sollte in Anbetracht der eigenen Fahrtüchtigkeit aktiv ein Blick auf das eigene Verhalten geworfen werden. Überholmanöver, gerade bei hohen Geschwindigkeiten, bergen zum Beispiel ein höheres Unfallrisiko. Das Fahren bei Tageslicht ist ebenfalls zu bevorzugen, da die Sehfähigkeit bei Dämmerung oder Dunkelheit abnehmen kann. Vermeiden von Stoßzeiten oder das Fahren bei ungünstigen Wetterbedingungen kann zusätzlich helfen, das Unfallrisiko zu senken. 

Anpassungen am Fahrzeug 

Überlegen Sie, was Ihnen helfen könnte, Ihr Fahr- und Sicherheitsgefühl zu verbessern. Vielleicht reichen schon kleine Veränderungen wie verstellbare Sitze und Lenkräder, eine bessere Rundumsicht oder auch ein leichter erreichbarer Schalthebel. Assistenzsysteme, wie Einparkhilfen oder Abstandswarner, können zudem die Sicherheit zusätzlich erhöhen.  

Pausen und Erholungszeiten 

Gerade auf längeren Fahrten ist es wichtig, regelmäßige Pausen einzulegen, anstatt Ihre Grenzen auszuloten. Müdigkeit und Erschöpfung können die Reaktionszeit erheblich verlangsamen. Auf längeren Fahrten ist es ratsam, alle zwei Stunden eine Pause einzuplanen, um sich zu erholen, zu dehnen und um ausreichend zu Trinken. Bei längeren Fahrten besteht vielleicht sogar die Möglichkeit sich zwischendurch mit einer kleinen Mahlzeit oder einem Kaffeehausbesuch zu belohnen. 

 

Selbstbewertung und Erkennen von Grenzen 

Eine angemessene Selbstkenntnis und Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten ist essenziell beim Autofahren. Es ist für alle Verkehrsteilnehmer:innen wichtig, dass man die eigenen physischen und kognitiven Grenzen erkennt, gegebenenfalls das Fahren daran anpasst oder bei zu großen Unsicherheiten gar meidet. Das ehrliche Feedback von Familie oder Freund:innen kann hierbei als Außeneinschätzung zwar unangenehm, aber sehr wertvoll sein. Sich selbst offen mit der eigenen Fahrtüchtigkeit auseinanderzusetzen ist unabdingbar, um eine sichere und komfortable Fortbewegung auch im Alter zu gewährleisten.  

Alternativen zum eigenen Auto 

Sollten Sie darüber nachdenken doch eher das Auto stehen zu lassen macht es Sinn sich über Alternativen Gedanken zu machen. Dabei spielt nicht nur der Faktor Sicherheit eine Rolle, sondern auch Komfort, Kostenersparnis und Nachhaltigkeit. 

Öffentlicher Verkehr  

Die naheliegendste Möglichkeit ist für viele das öffentliche Verkehrsnetz zu nutzen. Busse, Bahnen und Straßenbahnen bieten in vielen Städten und Gemeinden eine zuverlässige Lösung, um an den gewünschten Ort zu kommen. In Österreich profitieren Senior:innen häufig sogar von vergünstigten Tarifen. 

Taxi, Fahrdienste und Mitfahrgelegenheiten  

In abgelegeneren Regionen gestaltet es sich jedoch oftmals schwierig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auszukommen. Dienste wie Taxi oder Fahrdienste speziell für Senior:innen bieten Flexibilität ohne die Notwendigkeit eines eigenen Fahrzeugs. Eine andere moderne Lösung bieten Carsharing-Plattformen, die es ermöglichen, ein Auto nur dann zu nutzen, wenn es wirklich benötigt wird. 

Auch organisierte Mitfahrzentralen oder informelle Vereinbarungen mit Nachbar:innen und Freund:innen können eine kosteneffiziente und gesellige Transportlösung sein. Vielleicht befinden sich in Ihrer Umgebung andere Menschen in einer ähnlichen Situation, möchten Kontakte knüpfen oder können Unterstützung anzubieten. So findet sich möglicherweise eine gemeinsame Lösung, von der am Ende alle profitieren.  

Fahrrad, E-Bike und Fußwege  

In begehbaren Gemeinden oder Städten kann es manchmal auch am einfachsten sein, kurze Strecken zu Fuß zurückzulegen. Dies fördert nicht nur die Gesundheit, sondern bietet auch die Möglichkeit, Ihre Umgebung bewusster wahrzunehmen. Ebenso können das Fahrrad oder das E-Bike eine gesunde und umweltfreundliche Alternative sein. E-Bikes bieten dabei den Vorteil, dass sie bei Bedarf einen eingebauten Motor als Unterstützung haben. 

Jede dieser Alternativen bietet bestimmte Vorteile, wie Nachteile. Es ist aber wichtig, die Option zu finden, die Ihren individuellen Bedürfnissen am besten entspricht, um auch im Alter weiterhin mobil und aktiv zu bleiben. 

Fazit 

Autofahren im Alter ist für viele ein Symbol für Freiheit und Mobilität. Natürlich verändern wir uns mit der Zeit, doch mit den passenden Strategien und Anpassungen können Senior:innen weiterhin sicher und selbstbewusst am Straßenverkehr teilnehmen. Das Wichtigste ist, die eigenen Grenzen zu kennen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.  

Und sollte der Tag kommen, an dem man das eigene Auto doch lieber stehen lässt, warten viele praktische und bequeme Alternativen. Von öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu speziellen Senior:innen-Fahrdiensten – die Wege zur Mobilität sind vielfältig. Letztlich geht es darum, mit Freude mobil zu bleiben und das Leben in vollen Zügen zu genießen. 

Quellenverzeichnis 

[1] Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, „Demographischer Wandel – geänderte Rahmenbedingungen für den Sozialstaat?“, sozialministerium.at,  22.11.2019, https://www.sozialministerium.at/Ministerium/Kontakt.html#q=demographischer%20Wandel&pg=1&t=simple&po=&mi=, 13.10.2023, hier: S.18. 

[2] Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, „Österreichische Verkehrsstrategie 2021-2030“, bmk.gv.at, 2021,  Österreichische Verkehrssicherheitsstrategie 2021–2030 (bmk.gv.at), 13.10.2023, hier: S.42. 

 

 

  

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